Was ist Sexismus?

Was bedeutet eigentlich das viel gebrauchte Wort Sexismus?

Kurz und knapp: Sexismus beschreibt jede Form der Diskriminierung auf Grund des (sozialen) Geschlechts einer Person. Meistens betrifft diese Diskriminierung weiblich gelesene Personen sowie Personen, die sich außerhalb der gesellschaftlich akzeptierten Vorstellung von einem bestimmten (sozialen) Geschlecht und den damit verbundenen Eigenschaften bewegen.

Es geht bei Sexismus nicht um einzelnes Fehlverhalten, sondern darum, wie Geschlechterstereotypen – das heißt gesamtgesellschaftlich geteilte Überzeugungen davon, welche positiven und negativen Eigenschaften die verschiedenen Geschlechter besitzen – entstehen und sich durchsetzen. Stereotypen bestimmen den sozialen Status den Frauen und Männer in der Gesellschaft genießen und festigen ihn.

Sexismus ist also kein einzelnes Fehlverhalten, sondern ein (gesamt-) gesellschaftlicher Wirkmechanismus.

Sexismus kann grundsätzlich alle Geschlechter betreffen. Dennoch unterscheiden sich die Diskriminierungserfahrungen deutlich, weil ein weiterer Faktor hinzukommt: Macht. Sexismus lässt sich deshalb auf die plakative Formel bringen:

Sexismus = geschlechterbasierte Vorurteile + ungleiche Machtverteilung

  • Alle Geschlechter sind geschlechtsspezifischen Vorurteilen ausgesetzt.
  • Gesellschaftlich liegt eine ungleiche Verteilung der Machtverhältnisse (Frau/Mann) vor.
  • Daraus resultiert die Tatsache, dass Frauen häufiger von Sexismus betroffen sind.

Auch wenn Männer - so wie Frauen - Vorurteilen aufgrund ihres Geschlechts ausgesetzt sind und dadurch Einschränkungen erfahren, sind Frauen in der Regel stärker von Sexismus betroffen, weil sie weniger gesellschaftliche Macht besitzen als Männer. Wir leben nach wie vor in einer Welt, in der Macht ungleich auf die Geschlechter verteilt ist.

Geschlechter basierte Vorurteile verfestigen sich durch Wiederholung. Werden also besagte Stereotypen durch Sprichwörter, Redensarten, Darstellungen, Filme, Serien und Werbung etc. immer wieder neu erzählt, bedient und sogar ausgebaut beziehungsweise verschärft, verfestigen sie sich. Ohne kritisches Hinterfragen werden sie zu einer Art Realität.

Beispiele für reproduzierte Vorurteile in Redewendungen:
Machen Sie vielleicht auch manchmal die „Milchmädchenrechnung“ auf, bei der Sie davon ausgehen, dass die Hälfte der Menschheit zum „schwachen Geschlecht“ gehört und deswegen dringend noch einen „starken Mann“/„Mann der Tat“ braucht?

Dann lesen Sie sich doch mal diese Analyse durch:

Milchmädchenrechnung” steht spöttisch für eine naive Annahme oder Argumentation, die wichtige Punkte nicht beachtet und zu keinem richtigen Ergebnis kommt. Die Redewendung spielt mit dem Klischee, Mädchen seien naiv und deshalb nicht in der Lage, eine Idee richtig zu entwickeln.

Schwaches Geschlecht” ist eine abwertende Bezeichnung für das biologische Geschlecht “weiblich”. Der Ausdruck suggeriert einen Streit um die Frage, welches der beiden Geschlechter (hier wird bewusst der Ausdruck “beide Geschlechter” verwendet, da der Ausdruck damit spielt, selbstverständlich gibt es mehr als zwei Geschlechter) stärker ist und behauptet, dass “männlich” das stärkere Geschlecht ist. Frauen wären Männern demnach unterlegen.

Die Redensart “Mann der Tat” beschreibt jemanden, der nicht lange zögert, sondern Dinge in die Hand nimmt und “einfach macht”. Sie spielt damit, dass diese Eigenschaft eine “männliche” sei, schließt Frauen alleine durch die Wortwahl aus und suggeriert, dass Frauen diese Eigenschaft nicht besitzen können.

Mit diesem Wissen können wir den Satz so umschreiben, dass die Klischees nicht mehr versteckt, sondern offensichtlich werden:

Machen sie also keine völlig naive Rechnung auf - wie ein ahnungsloses Mädchen es tun würde - und gehen davon aus, dass die Hälfte der Menschheit aus schwachen Frauen besteht, die Männern unterlegen sind und es deshalb unbedingt einen Mann braucht, der endlich mal etwas anpackt - ohne lange zu zögern - so wie Frauen es tun würden.

Hier wird deutlich, dass es Klischees, die sich in Sprichwörtern und Redensarten verstecken, ganz schön in sich haben und als Teil unserer täglichen Sprache dafür sorgen, dass Sexismus weiter existiert und sich in unseren Alltag einschleicht.

Dieser Satz ist nur ein Beispiel von unglaublich vielen Bereichen unseres Lebens, in denen Sexismus allgegenwärtig ist und deshalb bekämpft werden muss.

Für von Sexismus betroffene Personen bedeutet das, dass ihnen bestimmte Eigenschaften unterstellt sowie Fähigkeiten abgesprochen werden, Jobs nicht zugetraut oder verweigert werden, persönliche Entscheidungen nicht respektiert werden und negative Reaktionen auf “abweichendes” Verhalten von ihrer Geschlechternorm alltäglich sind. Das bedeutet, dass Sexismus für Betroffene eine massive Einschränkung ihres persönlichen und beruflichen Lebens und allen anderen Bereichen darstellt, mit denen sie sich täglich auseinandersetzen müssen.

Quellen:

1 Diehl,Charlotte/Rees,Jonas/Bohner,Gerd:DieSexismus-DebatteimSpiegelwissenschaftlicherErkenntnisse, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 8/2014, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung.

2 Ist doch nur ein Kompliment... Behauptungen und Fakten zu Sexismus. 3., überarbeitete Ausgabe, Rosa- Luxemburg-Stiftung

Infobox

Gender/Geschlecht

Heute wird zwischen zwei verschiedenen Ebenen von Geschlecht unterschieden. Einerseits das biologische Geschlecht (engl. Sex); in der Biologie wird beim Geschlecht zwischen männlich und weiblich unterschieden, dabei ist aber nicht zu vergessen, dass 0,2% der Menschen nicht eindeutig XX oder XY zugeordnet werden können. Andererseits gibt es das soziale Geschlecht (engl. gender), welches sich als Geschlechtsidentität der Person als soziale Kategorie z.B. im Hinblick auf Selbst- und Fremdwahrnehmung, das Selbstwertgefühl.

Diskriminierung

Diskriminierung beschreibt die Benachteiligung von Personengruppen, seltener auch einzelner Personen, aufgrund von zumeist unreflektierten (Wert-)Vorstellungen, unbewussten Einstellungen, Vorurteilen, Stereotypen und Assoziationen.

Weiblich bzw. männlich gelesen

Das gelesene Geschlecht ist das Geschlecht, dass andere Personen einem Menschen auf Grund seines Aussehens und seines Verhaltens zuschreiben. So kann sich ein Mensch zwar als Frau identifizieren, jedoch von anderen Personen als Mann wahrgenommen bzw. gelesen werden. Das gelesene Geschlecht liegt also im Auge der Betrachtenden. Das Geschlecht, das gelesen wird, muss nicht mit der Geschlechtsidentität der gelesenen Person übereinstimmen.

Nicht-binär / non- binary / gender queer

Ein Mensch, der sich weder nur dem weiblichen noch nur dem männlichen Geschlecht zuordnet oder sich ganz außerhalb dieser binären Geschlechtsaufteilung verortet.

Bekanntere Ausprägungen sind:
Agender – jemand fühlt sich explizit ohne Geschlecht
Bigender – jemand fühlt sich als zweigeschlechtlich
Genderfluid – das Geschlechtsempfinden ist fließend und verändert sich immer wieder